Repertoire

MANHATTAN PROJECT

Stefano Massini

Deutsch von Sabine Heymann

Vorstellungsdauer | 2h10 | Eine Pause
Premiere | Donnerstag, 06. März 2025
Inszenierung Björn Gabriel
Videoart_Sounddesign Jan van Putten

Es ist eines der wohlbehütetsten Geheimnisse des 20. Jahrhunderts: Eine Gruppe geflüchteter ungarischer Wissenschaftler wagt in New York das Undenkbare und verändert die Welt für immer. Ihr Ziel: Der Bau der ersten Atombombe. Doch die Erfindung, die das Ende des Zweiten Weltkriegs herbeiführen könnte, hat auch das Potential, die Menschheit auszulöschen. Durch den Beitrag des mächtigen Finanziers Alexander Sachs, des litauischen Juden, der von der Wall Street aus ein beeindruckendes Geldbeschaffungsnetz zu knüpfen vermochte, bildet der wissenschaftliche Leiter Robert Oppenheimer den Dreh- und Angelpunkt des Manhattan-Projekts. Die Angst, Deutschland könne die Kernspaltung zum Bau von Bomben nutzen, ist groß. Die Uhr tickt…

Nach dem großen internationalen Erfolg der Lehman-Trilogie (2016 | 17 am WBT) hat Stefano Massini erneut ein großes Theaterfresko geschrieben, ebenso komplex und vielschichtig. Die Welturaufführung fand am 07. November 2024 am Burgtheater Wien statt. Am WBT wird damit die deutsche Erstaufführung des Massini-Opus stattfinden.

Von hämmernden Beats zur Bombe

Es wird Geld kosten, sehr viel Geld. Doch das Projekt scheint nötig zu sein, um globales Unheil abzuwenden, um den Kriegstreiber nicht siegen zu lassen. Die Atombombe muss her. Ist das ein Stück zur Gegenwart, geschrieben in den letzten Tagen? Ursprünglich nicht, denn Stefano Massinis »Manhattan Project« wurde bereits 2024 am Burgtheater uraufgeführt. Der Autor der »Lehmann-Trilogie«, die bereits im Wolfgang-Borchert-Theater zu sehen war, hat in seinem jüngsten Werk den Blick zwar auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs gerichtet, als in Amerika unter der Leitung Robert Oppenheimers die Nuklearforschung in den Dienst einer beispiellos schrecklichen Waffe gestellt wurde. Doch anstelle einer gemächlich erzählten Geschichtslektion präsentiert er Reflexionen über Wissenschaft, Krieg und Abschreckung, die aktueller nicht sein könnten. Regisseur und Bühnenbildner Björn Gabriel hat für die auf gut zwei Stunden gestraffte deutsche Erstaufführungsversion am Borchert-Theater eine Ästhetik geschaffen, die den technischen Aspekten des Stoffes huldigt und ihn zugleich modern verpackt. Zwei große Bildschirme hängen über der mit kastigen Bauten strukturierten Bühne, sie zeigen wechselweise abstrakt-bunte, an physikalische Experimente erinnernde Muster oder die Schauspieler in unterschiedlichen, einander auch spiegelnden Perspektiven. Dass sie über Mikroports sprechen, ermöglicht es dem Video- und Sounddesigner Jan van Putten, ihren Dialogen Klänge zu unterlegen oder gleich zu Beginn die Atmosphäre eines Clubs zu schaffen, wo junge Menschen zu hämmernden Beats ihre Zukunftsvisionen fortspinnen. Um sie nämlich, nicht um Oppenheimer, geht es im ersten Teil des Stücks. Die jungen Physiker und Mathematiker aus Ungarn haben eigentlich nur kindlichen Spaß an ihrer Sache, werden aber durch den Nationalsozialismus zu Vertriebenen, die in New York daran forschen, den Atombombenplänen der Faschisten zuvorzukommen. Das Quartett unterschiedlicher Charaktere, hinreißend verkörpert von Katharina Hannappel, Niclas Kunder, Ivana Langmajer und Tara Oestreich, stellt sich hingebungsvoll dem berühmten Oppenheimer zur Verfügung, um an der Entwicklung der Bombe mitzuwirken. Oppenheimer wiederum bekommt alle verlangten Mittel zur Verfügung gestellt, um das Ziel zu erreichen. Florian Bender zeichnet ihn nach der Pause als zwar nachdenklichen Menschen, dem es um das Ende des Krieges geht, der aber gleichermaßen fasziniert von der wissenschaftlichen Herausforderung ist. Der Schluss bringt es auf den Punkt: Hier wird ein zur beängstigender Aktualität gelangtes Thema auf faszinierende Weise verhandelt. [WN]
 

Grell-weiße Lichtblitze rasen mit irrem Getöse auf den Zuschauer zu, über zwei große Bildschirme bohrt sich die Katastrophe regelrecht in ihn hinein. Eine unangenehme, schwer auszuhaltende Situation. Aber leichte Kost kann das »Manhattan Project«, die Geschichte vom Bau der Atombombe in den USA, auch nicht sein. Am Donnerstagabend hatte das gut zweistündige Stück am Wolfgang Borchert Theater Premiere. Die Angst in den USA ist groß, Nazi-Deutschland konnte die Kernspaltung militärisch für sich nutzen. Um Hitler beim Bau der Atombombe zuvorzukommen, starten sie 1942 unter der Bezeichnung »Manhattan Projekt« ein entsprechendes eigenes Forschungsprojekt. Dafür werden aus Ungarn emigrierte jüdische Wissenschaftler gewonnen. Leiter und »Vater der Bombe« wird der New Yorker Robert Oppenheimer. Björn Gabriel inszeniert die Frage, wie die Welt vor der Welt gerettet werden soll, für das Borchert als eine in sich geschickt verwobene, interessante Mixtur aus Schauspiel und Videokunst (Jan van Putten). So zeichnen Kameras die Darsteller live auf und projizieren sie auf die über der Bühne hängenden Bildschirme. Oder Florian Bender, Katharina Hannappel, Niclas Kunder, Ivana Langmajer und Tara Oestreich erzählen und agieren in Filmsequenzen (in der Premiere teils nicht immer synchron). Die Bilder und Videos – auch von marschierenden Soldaten oder Hitler-Reden – sind sehr präsent und drängen die aktiven Schauspieler oft in den Hintergrund. Hier sitzen sie wie im stillen Kämmerlein mit kleinem Licht an ihrer Forschungsarbeit. Es wird viel um den richtigen Weg gestritten, teils auch überzogen hysterisch. Ihre jüdische Herkunft spielt im Stück von Stefano Massini keine Rolle. Nett sind kleine Geschichten wie die des Quantenphysikers Leó Szilárd (charmant: Niclas Kunder), der seinen Koffer seit der Ankunft in den Vereinigten Staaten noch immer nicht ausgepackt hat. Es geht um die Explosion der Explosionen. Energie ist Macht, wird kolportiert. Starke Momente hat die Aufführung, wenn es ans Eingemachte geht, an die Moral. »Wir produzieren Tod!«, schreit es aus Oppenheimer heraus, den Florian Bender als ruhigen, überlegten, dann zunehmend unter Druck geratenen Physiker spielt. »Oppenheimer gegen Oppenheimer« beschreibt er seine Situation, während ihn seine Panik durch die Kulissen treibt. [Die Glocke]
 

Wirkmächtig!

»Manhattan Project« heißt die neue Produktion am Wolfgang Borchert Theater in Münster. Sie könnte aktueller nicht sein. Sie trifft den Nerv unserer Zeit. Gerade erst hatte das Stück seine gefeierte Premiere. Inszeniert wurde es von Gastregisseur Björn Gabriel, der ansonsten als Schauspieler das Theater »Studio Trafique« in Köln leitet und für seine experimentelle und innovative Arbeitsweise bekannt ist. Das Stück des italienischen Dramatikers Stefano Massini über die Entwicklung und den Bau der ersten Atombombe Anfang der 1940er-Jahre in den USA sticht mitten hinein in die Auseinandersetzung über eine massive Militarisierung in Europa und gerade auch bei uns in Deutschland. Mehrere hundert Milliarden Euro sollen dafür in aller Kürze freigemacht werden. »Manhattan Project« bringt den damaligen Wettlauf mit der Zeit auf die Bühne und wirft zugleich eine der schwierigsten ethischen Fragen der Neuzeit auf: Wie weit darf Wissenschaft gehen, wenn es um Macht und Fortschritt geht? Und bezogen auf die aktuelle politische Situation: Sollten wir uns in Europa ebenfalls mit Atomwaffen bewaffnen, um uns in einem scheinbaren Gleichgewicht des Schreckens wieder sicher fühlen zu können? »Manhattan Project« erzählt seine Geschichte in zwei Schritten. Im ersten Teil (bis zur Pause) stehen die Wissenschaftler des Projekts im Mittelpunkt, im zweiten Teil Robert Oppenheimer (großartig verkörpert von Florian Bender), der bei dem gigantischen Forschungs- und Entwicklungsprojekt die Fäden in der Hand hielt und letztlich entscheiden sollte, ob die Bombe gebaut werden sollte oder nicht. Vier jüdische Wissenschaftler – der Mathematiker Paul Erdős, der Physiker und Molekularbiologe Leó Szilárd, der Atomphysiker Edward Teller und der Physiker Eugene Jenő Wigner – sind vor den Faschisten aus Budapest nach Amerika geflohen. Sie treffen in New York an der Columbia University aufeinander und werden engagiert, um die Möglichkeiten zu erforschen, eine neuartige Waffe nach den neuesten Erkenntnissen der Atomphysik zu konstruieren. Ihre Zauberworte sind: Atomspaltung und Kettenreaktion. Eine ungeheure Energie kann dadurch freigesetzt werden. Doch niemand kann ermessen, wie sie letztlich wirkt. Die vier Physiker und einige weitere Wissenschaftlerkollegen werden überzeugend und hinreißend von den ständigen Ensemble-Mitgliedern des Theaters gespielt: Katharina Hannappel, Niclas Kunder, Ivana Langmajer und Tara Oestreich. Sie schlüpfen einmal mehr in verschiedene Rollen und brillieren mit ihren schauspielerischen Fähigkeiten. Bravo! Das ist wieder große Klasse! Die verkörperten Wissenschaftler stehen stellvertretend für ein ganzes Heer von Hunderten Physikern, Chemikern und Ingenieuren – insgesamt rund 130.000 Menschen – die in das Projekt involviert waren. Es wurde ab 1942 im Geheimen an den Standorten Los Alamos, Oak Ridge, Hanford, Chicago und Dayton betrieben. Ziel war es, den Zweiten Weltkrieg und die Herrschaft Hitlers mit einer bis dahin unbekannten Superwaffe zu beenden, während parallel auch in Deutschland fieberhaft an einer Nuklearwaffe geforscht wurde. Spätestens mit den Abwürfen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki weiß jeder, welche Gefahren dem Erdball mit dem entfesselten Höllenfeuer und dem anschließenden nuklearen Fallout drohen. Keine Frage: Der Einsatz atomarer Vernichtungswaffen, die sich heute in den Arsenalen befinden, könnte das Ende der Menschheit bedeuten. In »Manhattan Project« fällt ein Stichwort, das nahtlos an unsere aktuelle gesellschafts-politische Herausforderung anknüpft. Mit dem verbrecherischen Überfall Russlands auf die Ukraine ist bei uns eine »Zeitenwende« ausgerufen worden, die in besonderer Weise militärische Anstrengungen begründen und legitimieren soll. In Europa wird neuerdings auch wieder über atomare Aufrüstung diskutiert. Denn der neue Machthaber im Weißen Haus hat gerade erst in seiner unberechenbaren Manier die Weltordnung aus den Fugen gehoben und droht, die NATO zu verlassen, sodass die Europäer sogar nach Mitteln und Möglichkeiten für einen atomaren Schutzschild suchen. Welcher Aufwand dafür betrieben werden müsste und welche Konsequenzen das hat und haben könnte, treibt nicht nur Regierungen und Politiker um, sondern vor allem die Bevölkerung in Europa um. In den Skrupeln und den moralischen Zweifeln eines Robert Oppenheimer, der zentralen Figur von »Manhattan Project«, spiegeln sich auch unsere eigenen aktuellen Ängste und Zweifel wider. Nach dem großen internationalen Erfolg der »Lehman-Trilogie« (2016/17 am WBT) hat Stefano Massini erneut ein großes Theaterfresko geschrieben, ebenso komplex wie vielschichtig. Die Welturaufführung fand im November 2024 am Burgtheater Wien statt. Am Borchert Theater in Münster gibt es die deutsche Erstaufführung des Massini-Opus zu sehen. Björn Gabriel ist zusammen mit dem Videokünstler Jan van Putten in Münster angetreten, um die Experimentierfreude des Borchert Theaters weiterzuentwickeln und durch filmische sowie digitale Mittel zu bereichern. »Die Verbindung von Theater und Video ist für uns keine technische Spielerei«, erklärt Björn Gabriel in einem Interview, »sondern eine organische Methode, die sich aus dem Stoff heraus entwickelt. Bei ‚Manhattan Project‘ war es ein stetiges Ausprobieren, eine kreative Fusion von Bild, Ton und Szene.« In der Inszenierung von „Manhattan Project“ kommen große Videobildschirme zum Einsatz, auf denen mit dokumentarischen Videoschnipseln die damalige Zeit »eingespielt« wird, vor allem aber die Gesichter der Schauspieler. Das erfordert von den Akteuren eine neuartige Präsenz, die an die von Filmschauspielern erinnert, sowie eine höchst konzentrierte Arbeitsweise, denn sie spielen gewissermaßen über Bande. Bei ihren Auftritten müssen sie mehrere Kameras im Blick haben, die ihre Spielweise wie unter der Lupe beobachten und jede ihrer Regungen auf die Bildschirme übertragen. Besonders eindringlich sind in »Manhattan Project« zudem die Soundcollagen und die Musik, die eine beinahe hypnotische Wirkung entfalten. Björn Gabriel verbindet mit diesem innovativen Medienmix auch die Hoffnung, ganz neue Zuschauergruppen zu erreichen. Die Inszenierung von Gastregisseur Björn Gabriel in enger Zusammenarbeit mit Jan van Putten bringt in beispielloser Weise Form und Inhalt zusammen und überaus wirkmächtig auf die Bühne. Ein Erlebnis! [Westfalium]
 

Pointierte Gewissensfragen

Sind Wissenschaftler:innen verantwortlich für die Folgen dessen, was sie tun? Darf man ein Monster wie die Atombombe erschaffen, um ein anderes Monster wie den Faschismus zu bekämpfen? Welche Grenzen dürfen überschritten werden? Darf alles Denkbare Realität werden? Das sind die Fragen, die Stefano Massini in Manhattan Project aufwirft: In den USA arbeiten Menschen daran, die Atombombe zu entwickeln, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Sie sehen sich diesen inneren Konflikten ausgesetzt. Erst Robert Oppenheimer kann ihnen die Frage nach persönlicher Schuld erleichtern, indem er den Prozess des Bombenbaus entpersonalisiert, ihn als technisch laufende Maschinerie darstellt. Manhattan Project wurde in Wien uraufgeführt und erlebte unlängst im Wolfgang-Borchert-Theater in Münster seine Deutsche Erstaufführung. Massini findet viele, sehr viele Worte, um Aspekte und Gedankengänge zu beschreiben. Das ist anschaulich, manchmal aber sehr beharrend und eindringlich wiederholend. Da gilt es, beherzt den Rotstift anzusetzen. Das tut das Regieteam und dennoch ist der Abend knapp drei Stunden lang. Dass dennoch keine Langeweile aufkommt, dafür sorgt die erfrischende, zupackende Herangehensweise von Regisseur Björn Gabriel. Er dringt ohne Umwege ins Herz der Handlung vor, stößt das Publikum direkt auf den Kern der Fragen, ohne auf schwer zu entschlüsselnde Bilder zurückzugreifen. Zwei Monitore auf der Bühne zeigen die Protagonist:innen in anderen Konstellationen zueinander als sie gerade auf der Bühne zu erleben sind. Das mag zuerst etwas verwirren, sorgt aber für Mehrschichtigkeit in der Betrachtungsweise. Wenn es wirklich an's Eingemachte? geht, dann wird es laut - und das nicht nur ein wenig. Da wird gekreischt, geschrien und gewütet und so das Gewicht der Passagen betont. Das mag vielleicht an manchen Stellen etwas zu viel sein, aber auch Übertreibung kann ein Signal sein, dass äußerste Aufmerksamkeit geboten ist. Im zweiten Teil wird es deutlich ruhiger, so als wäre das Rad der Geschichte über das Personal auf der Bühne schon hinweggerollt. Das Team des Wolfgang-Borchert-Theaters transportiert die Intensität der Handlung unter Hochspannung stehend ins Publikum, zwingt eindrücklich zu voller Aufmerksamkeit. Seine Klasse beweist das Ensemble im chorischen Sprechen, denn hier wissen alle, dass man sich aufeinander verlassen kann. Ein Stück über Verantwortung und Zweifel, das wirklich sehenswert ist und nicht nur durch Worte betroffen macht. [theater pur]
 

moderne Videoästhetik und wummerndes Sounddesign

Welche Grenzen setzt sich Wissenschaft in ihrer Forschung? Muss man alles umsetzen was möglich ist, nur um des »Fortschritt« willen? Nie waren diese Fragen aufgeladener und präsenter als bei der Entwicklung der Atombombe, die in Hiroshima und Nagasaki hunderttausende Menschen tötete und deren Zündung auch heute noch nur einen Knopfdruck entfernt ist. Manhattan Project von Stefano Massini, in deutscher Erstaufführung inszeniert von Björn Gabriel am WBT, thematisiert den Entwicklungsprozess der Atombombe in den USA. Dies geschah nicht in irgendeiner zwangslosen Experimentierküche, sondern getrieben von der Überzeugung, dass Nazi-Deutschland einen knappen Vorsprung im Wissen um die Kernspaltung und den Bau der Superbombe hat. Darf man in solch´ einer Situation eigene Forschung unterlassen, zumal die USA zu Beginn des Projects noch nicht in den Weltkrieg eingetreten waren? Eine bedrückende Frage, die noch brisanter dadurch wurde, dass die beteiligten Wissenschaftler ihren entdeckerischen Ehrgeiz entweder zügeln oder enorm anspornen mussten, um zu einem erfolgreichen Ergebnis zu gelangen. Besonders Robert Oppenheimer, den »Vater der Bombe«, trieb es um, dass ohne sein theoretisches Wissen und seine perfekte Organisation der Forschung die Bemühungen der anderen, aus Ungarn immigrierten jungen Wissenschaftler, letztlich auf der Strecke bleiben würden. Die Umsetzung des Stückes setzt auf moderne Videoästhetik und wummerndes Sounddesign (Jan van Putten), bis hin zum explosiven »Höhepunkt«. Für die Darstellung ist es nicht einfach, vor dem riesigen Videobildschirmen zu bestehen, agieren sie doch oft nur über eine Kamera indirekt mit dem Publikum. Das lässt sie größer und bedeutender auf den Bildschirmen erscheinen, die ansonsten Schwarzweiß-Szenen aus dem Zweiten Weltkrieg zeigen – als sichtbare Legitimation für die Wissenschaftler. Bleibt die beängstigend aktuelle Frage: Was rechtfertigt den Einsatz einer Atombombe? [ultimo]
 

Geburtsstunde der nuklearen Abschreckung

Oppenheimer rennt. Von einer Ecke der Bühne zur anderen, über Stege und Gänge. Überall arbeiten Wissenschaftsteams in seinem Auftrag. Die USA haben ihm viel Geld zur Verfügung gestellt und erwarten Ergebnisse. Die Zeit drängt. Vielleicht haben die Nazis schon die Atombombe entwickelt. Das wäre fatal für den Ausgang des zweiten Weltkriegs. Der italienischer Autor Stefano Massini – sehr erfolgreich mit seiner Lehman – Trilogie über die geplatzte Spekulationsblase – hat ein Stück über die Geburtsstunde der nuklearen Abschreckung geschrieben. Aktueller könnte das Wolfgang Borchert Theater mit seiner deutschen Erstaufführung nicht sein. Regisseur Björn Gabriel zeigt den Wahnsinn, die Faszination und die Komik beim Heißlaufen der Wissenschaftsnerds in großen Videobildern. Mit Musik, tänzerischen Elementen, überhaupt großer Körperlichkeit kommt der Inhalt des Stückes nicht zu kurz. Denn natürlich schwebt die Möglichkeit über allem, am Weltuntergang mitzuarbeiten. Florian Bender als fiebrig am Rand seiner Möglichkeiten wirbelnder Oppenheimer ragt aus einem dicht zusammenspielenden Ensemble heraus. [Westfalen Spiegel]
 

Termine & Karten

Oktober

DI
14.
20:00
MI
15.
20:00

Oktober