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Kartentelefon

JUGEND OHNE GOTT

Ödön von Horváth
JUGEND OHNE GOTT
Schauspiel. In einer Fassung von Kathrin Sievers. 
Premiere | Dienstag, 29. November 2018 | 20 Uhr
Vorstellungsdauer | 1h 50 Min. | Eine Pause

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  • JoG_c_Lefebvre_11_Bender_Lorenzen
  • JoG_c_Lefebvre_12_Hess-Zanger_Bender_Langmajer
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"Wenn kein Charakter mehr geduldet wird, sondern nur der Gehorsam, 
geht die Wahrheit, und die Lüge kommt."


Ein junger Lehrer, der seine Schüler vom humanistischen Prinzip der Gleichheit aller Menschen überzeugen will, sieht sich mit der faschistischen Gesinnung seiner Klasse konfrontiert. Seine Bemerkung in einer Diskussion über Kolonien, "auch Neger seien Menschen", ruft umgehend einen linientreuen Vater auf den Plan. Der Lehrer sieht seine berufliche Existenz gefährdet, zwischen ihm und seiner Klasse regiert von nun an die Feindseligkeit. Schließlich kommt es zu einem Mord . . .

Ein Kampf gegen die Uniformität der Gruppe und für die Freiheit der eigenen Meinung. 

Ödön von Horváths Roman erschien 1937 in einem Exil-Verlag in Amsterdam und machte den Autor beinahe über Nacht international berühmt. Horváth zeigt eine Generation Jugendlicher, deren Moral von kriegerischen Prinzipien bestimmt ist und Lehrer, die durch ihr idealisiertes Ethos hilflos und handlungsunfähig bleiben. 

Nach GLAUBE LIEBE HOFFNUNG der zweite Horváth am WBT. Es inszeniert Kathrin Sievers, die am Hause zahlreich Regie führte, u. a. FRAU MÜLLER MUSS WEG, KASPAR HÄUSER MEER. DER GOTT DES GEMETZELS, WUNSCHKINDER, WIR SIND DIE NEUEN, ER IST WIEDER
DA und zuletzt HAROLD UND MAUDE sind zum Teil schon seit mehreren Jahren im Programm.


Inszenierung  | Kathrin Sievers
Bühne & Kostüme | Annette Wolf

Mit | Florian Bender | Rosana Cleve | Monika Hess-Zanger | Johannes Langer | Ivana Langmajer | Jürgen Lorenzen


PRESSESTIMMEN:

Das Wolfgang-Borchert-Theater in Münster zeigt JUGEND OHNE GOTT als Psychodrama, Gesellschaftskritik und Krimi in einem.

So problemlos und beeindruckend die Schauspieler in dem Stück von Ödön von Horváth (1901-1938) fast unmerklich von einer Rolle in die nächste schlüpfen, so verwechselbar sind die Protagonisten, die sie darstellen: Sie sind alle auf einer Linie. Die Schüler tragen auch dieselbe Kleidung. Und mancher Pädagoge, der ein Vorbild sein sollte, buckelt auf der Bühne den Steg zur oberen Galerie hoch, so dass er – in der Person von Monika Hess-Zanger – fast mit der Nase über den Boden schleift.
Kathrin Sievers inszeniert das Stück in Münster in einem denkbar nüchternen Bühnenbild und taucht die Geschichte in eine fast unwirkliche Atmosphäre. Die Figuren sind unbeweglich, nichts und niemand tut sich individuell hervor (...).
Grundlage der Erzählung ist die Geschichte um den Tod eines Schülers, in der auch der Lehrer (ebenfalls ohne Namen) eine zwar kleine, aber doch wenig rühmliche Rolle spielt. Denn auch er, der die Schüler zu humanistischen Werten hinführen möchte („Neger sind doch auch Menschen“), tut sich schwer mit dem Mundaufmachen. Vom Stillschweigen zum Aussprechen der Wahrheit macht er seine ganz eigene Entwicklung durch.
Die Glocke, 1.12.18

Ödön von Horváths JUGEND OHNE GOTT ist ein Roman aus den 1930er Jahren, den Kathrin Sievers nun auf die Bühne des Wolfgang-Borchert-Theaters gebracht hat. Dazu hat sie die chronologisch ablaufende Erzählung in eine Art analytisches Drama verwandelt, dessen Ausgangspunkt die Gerichtsverhandlung ist. Der Lehrer, Horváths Ich-Erzähler, tritt in der zweiten Szene als Reisender auf, der am Ende das Land verlässt. Seine Erzählerrolle bleibt zwar, auch durch das Mikrofon akzentuiert, gewahrt, und der souveräne, passend besetzte Florian Bender hat als vielfach (ver)zweifelnder Pädagoge immer noch die Hauptlast des Textes zu schultern. Doch es ist weniger seine Geschichte als eine Geschichte der Schüler und ihrer Umwelt, die man im Theater erlebt.
Die erstaunlichen, ja erschreckenden Parallelen des „alten“ Stoffes zu unserer Zeit, das politische Instrumentalisieren der Schüler gegen ihre demokratisch verantwortungsvollen Lehrer etwa, verdeutlicht Sievers als Regisseurin mit stilistisch bisweilen recht lauten Mitteln. Fieser Rechts-Sprech mit AfD-Zitaten, Rap-Musik oder eine parodistische Reporter-Szene übertönen die leisen Reflexionen des Lehrers, der rassistische Ausfälle des späteren Mordopfers gegen „die Neger“ zu korrigieren wagte und dadurch unter Druck geriet. Manchmal wünscht man sich in der gut zweistündigen Aufführung (einschließlich Pause), dass die Regisseurin ihrer eigenen klugen Textfassung etwas mehr Ruhe gönnte (...).
Lorenzen und Monika Hess-Zanger legen einen rasanten Dauerlauf durch ihre wechselnden Rollen hin, deftige Parodien wie Lorenzens Feldwebel sind darunter; Ivana Langmajer und Rosana Cleve werden auch sportlich gefordert. Johannes Langer als Tagebuchschreiber kann neben Florian Bender seine Figur klarer formen. Offenkundig ist es Kathrin Sievers´ Bestreben, durch Tempo und Witz den ernsten politischen Kern des Stoffes zu vermitteln: Was einst eine fehlgeleitete Jugend zu Ausfällen gegen „die Neger“ führte, kann heute ebenso fatal die Migranten treffen. Daher darf man der Aufführung viele junge Zuschauer wünschen.
Westfälische Nachrichten, 1.12.18

Kathrin Sievers hat das Ganze in eine modernere Filmschnittästhetik gebracht, arbeitet mit kurzen Szenen, sie schneidet besonders am Anfang den Prozess, der eigentlich erst viel später kommt, wo der Mord an dem einen Schüler aufgerollt wird, und die Erzählungen des Lehrer ineinander. Das geht auf dieser Bühne, die ja ohnehin abstrakt ist, sehr schnell hin und her. Und sie schafft es, den Reiz von Horváth, eben auch diese etwas altertümliche Sprache, es schwingt immer mit dieser historische Stoff und die Dimensionen des Naziterrors so zu transportieren, dass es mit der heutigen Zeit konfrontiert wird und schon eine Einheit kriegt, also es ist ne gute Fassung. (...)
Also der Thriller, der Thriller geht ein wenig zurück gegenüber schon so einem politischen Theater durchaus auch im Sinne Brechts, was ja auch zu Horváth, weil es die gleiche Zeit ist, durchaus passt.
WDR 3 Mosaik, 30.11.18

Regisseurin Kathrin Sievers hat das Stück heutigen Sehgewohnheiten angepasst, indem sie es in etliche Vor- und Rückblenden auffächert, was das Verfolgen der Handlung anspruchsvoll macht, zumal die meisten Personen nur mit einem Buchstaben benannt sind. Aber auch für die Schauspieler – es spielt das komplette WBT-Ensemble – ist es eine diffizile Aufgabe. Nicht nur, dass alle mehrere Rollen spielen (Jürgen Lorenzen, wenn ich richtig gezählt habe, mindestens acht Rollen, eine bravouröse Leistung), durch die Handlungszersplitterung müssen die Schauspieler auch dauernd die Kostüme wechseln, manchmal gar in der laufenden Handlung auf der Bühne. Zudem setzt Sievers einige, wenn auch wenige aktuelle Bezugspunkte ein, die das Stück fester ans Heute knüpfen – rechtslastiger Rap oder eine Windradkulisse etwa.
Und dann fängt das Vergleichen an in Zeiten, wo die AfD Lehrerverhalten von Schülern kontrollieren lassen will (die Schüler aber nicht gleichgeschaltet sind) und Einfluss auf Theaterspielpläne nehmen möchte (dann sähen wir diesen Horváth wohl eher nicht), wo Rechtsradikale ähnliche Sommerlager veranstalten (aber eben nicht für alle Schulklassen). Nein, es ist noch längst nicht wieder so weit wie damals, die Unterschiede sind mehr als offensichtlich. Aber darauf verlassen sollte man sich besser nicht...
Ultimo, Januar 19

Regisseurin Kathrin Sievers adaptierte bereits mehrere Romane und Filme erfolgreich für das Wolfgang Borchert Theater. Wie bei „Jugend ohne Gott“ bleibt sie dabei sprachlich immer dicht am Original, löst sich aber zum Teil von der Szenenfolge, um ein höheres Tempo und mehr Spannung zu generieren. Sievers erhält die Zeitlosigkeit von Horváths Roman und schafft es gerade dadurch das Thema bedrohlich nah an unsere Zeit heranzuholen. Ihr Interesse an gesellschaftspolitisch relevanten Themen zeigt sich schon in der Auswahl der Stücke, die sie inszeniert, z. B. „Wunschkinder“ oder „Er ist wieder da“.
Westfalium, 28.11.18