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Maria Goos


Komödie. Aus dem Niederländischen von Rainer Kersten.


Vier Männer Ende vierzig, Freunde seit Studientagen, müssen feststellen, daß ihre Lebensentwürfe ins Wanken geraten. Mit scharfem Blick nimmt Maria Goos männlichen Selbstbetrug, Ehrgeiz und emotionale Hilflosigkeit auseinander: Pieter, der seine semi-legal erworbene Kunstsammlung wohl bald los ist. Tom, der frisch aus der Psychiatrie entlassene, kokainabhängige Anwalt, der ihm vermutlich nicht helfen kann. Maarten, der Regisseur, dessen avantgardistischer Ansatz sich in den letzten zwanzig Jahren verbraucht hat. Und Joep, der ambitionierte Politiker, dessen Familie vor seinen Augen auseinanderfällt. Der Treueschwur, den sich die Freunde einst gaben, immer füreinander einzustehen, fängt schließlich an hinter Egoismus und Eigennutz zu verblassen.

Heiter, aber dennoch schonungslos, schildert die Autorin die gesellschaftlichen Zwänge, die aus einstigen Idealisten ernüchterte Karrieremenschen gemacht haben.

Die niederländische Theater- und Drehbuchautorin Maria Goos [*1956] studierte an der Theaterakademie von Maastricht und wurde in den Niederlanden vor allem durch ihre TV-Serien Pleidooi [1991] und Oud Geld [1995] bekannt. Ihre Komödie CLOACA wurde 2002 in der Regie von Willem van de Sande Bakhuyzen von der Theater-Kompanie Het Toneel Speelt uraufgeführt. Die deutschsprachige Erstaufführung mit dem Titel ALTE FREUNDE fand 2006 in Berlin statt. Ebenso wie ihr Theaterstück Familie bearbeitete Goos auch CLOACA für das Fernsehen und erhielt damit 2005 den Prix Europa in der Kategorie "Bestes Fernsehspiel".

Inszenierung | Meinhard Zanger
Ausstattung | Elke König
Choreographie | Elke Berges
 
Mitwirkende | Heiko Grosche  [Pieter] | Bernd Reheuser  [Joep] | Carlo Ghirardelli [Tom] | Peter Tabatt [Maarten] | Sabrina vor der Sielhorst [Frau]

Premiere A | Donnerstag, 4. November 2010 | 20 Uhr
Premiere B | Samstag, 6. November 2010 | 20 Uhr
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PRESSESTIMMEN

Meinhard Zanger hat diese wunderbare Tragikomödie mit viel Tempo in Szene gesetzt. Aber er läßt auch den besinnlichen Szenen Raum zur Entfaltung. Dies wird ganz deutlich in der Szene mit der Russin, die schon fast melancholisch wirkt. Sabrina vor der Sielhorst beweist nicht nur Mut, […] weil sie dieser kleinen Rolle richtig viel Charakter verleiht. Ihren russischen Text, der per Einblendung übersetzt wird, hat sie Wort für Wort gelernt und sich von einer Russin übersetzen lassen, so daß aus dem Text auch Sinn wird. Das Stück macht deutlich, daß auch eine ganz alte Freundschaft ab einem gewissen Alter den Zwängen unterliegt, die das Leben schreibt und andere Reaktionen provoziert, als man erwartete. Mit der Choreographin Elke Berges hat Zanger eine Shownummer im Stile der Blues Brothers mit den "alten Freunden" einstudiert, die auch das Publikum mitreißt. Und seine Darsteller des Herrenquartetts sind einsame Spitze. Hier erweist sich der Theatermann Zanger auch einmal mehr als Mensch, der Kontakte zu Kollegen, die ihn einmal überzeugt haben nie ganz abbrechen läßt. Vielmehr überzeugt er sie davon bei ihm zu spielen. Heiko Grosche als Pieter ist von wunderbarer Naivität. Für ihn ist es ganz normal, daß ihm die Bilder aus dem Keller der Stadt gehören. Mit dieser Einstellung ist er der Gradlinigste des Quartettes. Bernd Reheuser ist als Joep der typisch doppelmoralisch veranlagte Politiker, der nicht fassen kann, daß Frau und Kinder ihn einfach vor die Tür setzen […]. Carlo Ghirardelli als Tom ist in seiner Art einfach unschlagbar. Er kann vom großen Leben nicht lassen und zieht sich auch nach der Therapie eine Straße nach der anderen durch die Nase während ihm Pieter seine Probleme erzählt, als gehöre dies einfach dazu. Peter Tabatt als Maarten gibt den kreativen, unbequemen Regisseur mit dem kleinen (großen) Problem der Impotenz, welches er mittels Bühne zu verarbeiten sucht. Das Quartett ist so toll aufeinander eingespielt, daß das Zuschauen zur wahren Freude wird. Das rettungslos überfüllte Theater war einfach begeistert. Und das zu Recht.

theater pur, Dezember 2010



Brillant in Hochmut und Fall des Karrieristen Joep ist Bernd Reheuser. Seine Mitstreiter Heiko Grosche als Pieter, Carlo Ghirardelli als Tom und Peter Tabatt als Maarten bleiben den unterschiedlichen Typen, die sie verkörpern, nichts schuldig. Und wenn sie auf Elke Königs origineller Bühne die alten Tänze der alten Freunde hinlegen (Choreografie: Elke Berges), bekommt die Tragikomödie auch einen Hauch von Revue.

Westfälische Nachrichten, 6.11.2010



Wenn ein angehender Minister seiner Frau mordlüstern mit einer Tranchiergabel gegenübersteht oder ein Topanwalt in Unterhose durch Barcelona irrt, dann ist da irgendetwas schief gelaufen. Schön, wenn man sich dann auf alte Freunde verlassen kann. Doch was ist, wenn auch die ihr Leben verpfuscht haben und die eigenen Sorgen und Probleme wichtiger sind als die idealistischen Bande der Freundschaft? Maria Goos zeigt in ihrer Tragikomödie […] den Zerfall einer Männerfreundschaft, aufgerieben von Ehrgeiz, Egoismus und Eigennutz. Pieter, der schwule Feingeist (brillant zwischen Verzweiflung und Empörung: Heiko Grosche), muß die Gemälde zurückgeben, die er jahrelang aus dem Stadtarchiv entwendet hat und steht vor dem Ruin. Joep (herrlich selbstgerecht: Bernd Reheuser), der egoistische, ambitionierte Abgeordnete, steckt in einer handfesten Ehekrise, seine berufliche Zukunft als Minister ist unsicher. Tom (wunderbar exzentrisch und durchgedreht: Carlo Ghirardelli), ehemaliger Staranwalt, nun gezeichnet von Kokainsucht, taugt nur noch zum Katalogtexter und ist auf dem besten Wege, rückfällig zu werden. Nur Maarten (großartig zwischen distanzierter Überheblichkeit und naiver Sorglosigkeit: Peter Tabatt), der lässige Künstlertyp, ist erfolgreich. […]Die Geschichte birgt trotz aller Tragik viel komisches Potential – in den tollen Dialogen ebenso wie in den unerwarteten Wendungen. Und das läßt Zanger sein hervorragendes Ensemble voll ausspielen. So gibt es unterwegs viel zu lachen. ALTE FREUNDE wird in der Borchert-Inszenierung fast zur Komödie. Am tragischen Ende aber steht eine ernüchternde Erkenntnis: Wenn es hart auf hart kommt, ist sich jeder selbst der Nächste. Großer Applaus!

Münstersche Zeitung, 6.11.2010



"Warum ist eigentlich alles so den Bach runtergegangen?", fragt Joep (Bernd Reheuser) und stellt damit eine Frage, die das Stück ALTE FREUNDE […] eigentlich gar nicht beantworten will. Es nimmt sich eher den Folgen der Misere an, in die jeder der vier Endvierziger geraten ist, und beleuchtet den Verfall der einst beschworenen Freundschaft auf eine Art, die mal urkomisch, mal überaus traurig ist. […] Schnell bringt er (Meinhard Zanger) die Sache auf den Punkt, seziert den Trümmerhaufen: Der Beamte Pieter muß wertvolle Bilder, die er gar nicht mehr alle hat, an die Stadt zurückgeben. Anwalt Tom ist drogenabhängig. Regisseur Maarten ist noch immer nicht der große Durchbruch gelungen, und Politiker Joep ist gerade dabei, seine Familie zu verlieren. Die Bühne ist so karg ausgestattet wie die Beziehung der Männer untereinander. Eine Couch, ein Tisch, ein paar skurrile Kunstwerke – das ist alles. […] Konfrontiert mit eigenem Ehrgeiz und Selbstbetrug und dem der anderen, ist es vor allem die Darstellung der Hilflosigkeit, mit der die Protagonisten bestechen. Heiko Grosche spielt den etwas naiven Pieter mit seiner unnachahmlichen Mimik ganz wunderbar. Auch Bernd Reheuser gelingt der Wechsel vom arroganten Joep hin zum sentimentalen Familienvater zurück zum egozentrischen Politiker bestens. Niemand der alten Freunde ist bereit, sich für den anderen stark zu machen. Gefühle entwickeln sie nur für sich selbst – erst recht, wenn eine Frau sie dazu bringt. Schauspielerin Sabrina vor der Sielhorst posiert dafür sehr aufreizend. Mitleid für Joep, der in ihren Armen heult, kommt trotzdem nicht auf. Das ist von Autorin Maria Goos auch sicher nicht so gewollt.

Die Glocke, 6.11.2010