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Thomas Hettche. Bühnenfassung von Meinhard Zanger

HERZFADEN
Schauspiel über die Augsburger Puppenkiste 
Premiere | Donnerstag, 16. Januar 2025
Vorstellungsdauer | 2h45 | Eine Pause

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© Laura Ritter

Nach einer Aufführung der Augsburger Puppenkiste schlüpft ein Mädchen durch eine Holztür auf einen geheimnisvollen Dachboden. Dort erwachen Jim Knopf, das Urmel, Prinzessin Li Si, Kalle Wirsch oder Lukas, der Lokomotivführer, zum Leben. Und die Frau, die all diese Puppen geschnitzt hat: Hatü oder Hannelore Oehmichen, die Tochter des Erfinders des legendären Puppentheaters, Walter Oehmichen. Mit ihm leitete sie die Augsburger Puppenkiste und war dessen wichtigste Marionettenbauerin. Es ist die Geschichte eines Märchens und zugleich Teil einer Höllengeschichte: Mitten im Zweiten Weltkrieg erlebt das junge Mädchen Hatü auch Deportationen der Juden, Flucht und Zerstörung. Ein modernes Märchen über die Kraft der Fantasie in dunklen Zeiten, aber auch über die Spuren, die ideologische Ressentiments in unseren Seelen hinterlassen und die uns bis in die finsterste Ecke eines Dachbodens verfolgen.

Thomas Hettche wurde in einem Dorf am Rande des Vogelbergs geboren und lebt in Berlin. Seine Essays und Romane, darunter Der Fall Arbogast (2001), Die Liebe der Väter (2010), Totenberg (2012) und Pfaueninsel (2014), wurden in über ein Dutzend Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Premio Grinzane Cavour, dem Wilhelm-Raabe-Preis, dem Solothurner Literaturpreis und dem Josef-Breitbach-Preis. Sein letzter Roman Herzfaden (2020) stand auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis und wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Das Wolfgang Borchert Theater ist das zweite Theater, das den Roman auf die Bühne bringt.

Inszenierung_Bühne | Meinhard Zanger
Kostüme | Linda Scaramella-Hedwig

Musikalische Leitung | Stephanie Rave

Video | Tobias Bieseke

Dramaturgie |  Laura Ritter, Tanja Weidner
Besetzung | Florian Bender, Katharina HannappelEdina Hojas, Niclas KunderTara Oestreich

Trailer


Pressestimmen

 

Im Theater prallen oft Welten aufeinander, die verschiedener nicht sein könnten. Bei der Borchert-Premiere am Donnerstag wirkten die Gegensätze schier übermächtig: Auf der einen Seite der schreckliche Schatten des Dritten Reiches – auf der anderen die putzige Welt der Augsburger Puppenkiste, die mit berühmten Figuren wie Jim Knopf Generationen von Nachkriegskindern verzaubert hat. Kann sich dieser Zauber noch entfalten, wenn man die Biografie der Gründer-Familie Oehmichen zur Weltkriegszeit gleich mit auf die Bühne wuchtet? Regisseur Meinhard Zanger ist das Wagnis eingegangen und hat Thomas Hettches Erfolgsroman „Herzfaden“ fürs Theater adaptiert.

Dabei musste Zanger zwei Balance-Akte zugleich bewältigen: Nicht nur den Zwiespalt zwischen Licht und Düsternis, sondern auch die verdichtete Welt der Bühne mit dem epischen Erzählfaden eines Romans versöhnen. Dieser Erzählfaden riss während der beinahe drei Stunden hin und wieder ab, während die Marionettenfäden mühelos zu den Herzen des Publikums reichten; also jener „Herzfaden“, den der Romantitel symbolisch annonciert.

Die NS-Zeit überschattet den gesamten ersten Teil. Da rollen Kampfpanzer über die Leinwand (tolle Videotechnik: Tobias Bieseke), da marschiert das Ensemble zu Durchhalte-Liedern, und Vater Oehmerich (Florian Bender) muss an die Front. Von dort bringt er seine Liebe zum Puppentheater mit, das sogar die Soldaten verzauberte. Seine Töchter Ulla (Katharina Hannappel) und Hannelore, genannt „Hatü“ (Edina Hojas), sehen diese Schreckenszeichen durch Kinderaugen. Die Mutter (Tara Oestreich) tritt überdies auf einem „magischen“ Dachboden in der Gegenwart als die eigene Tochter Hatü auf, um einem zwölfjährigen Mädchen die Geschichte der Puppenkiste zu erzählen.

Apropos Erzählen: Das Konzept, große Handlungsbögen durch Schauspieler rezitieren zu lassen, wurde teils übertrieben. Da knirschte die Problematik einer Roman-Adaption. Aber das bestens aufgelegte Ensemble verkörperte anderseits mit Witz und Wonne das Urmel, Jim Knopf und Co., als würde es an Fäden hängen. Und als der „Puppenkönig“ im Mondlicht an Fäden herabschwebte, während Stephanie Rave am Klavier Wagners „Lohengrin“-Zauber beschwor, war ein magischer (Puppen-)Theatermoment zu bestaunen. [Westfälische Nachrichten]